Von Dr. Gerd Upper

Schon von weitem grüßt Sie der nadelspitze Kirchturm unserer Friedenskirche zu Siek und lädt Sie zum Besuch ein. Es ist bereits die dritte Kirche auf den alten Fundamenten, deren Ursprünge bis in das 13. Jahrhundert zurück verfolgt werden können. Der Turm weist eine Höhe von 53 Metern auf. Er dient seit der erstmaligen Vermessung des dänischen Königreiches 1764 – 1784 bis heute als trigonometrischer Basispunkt.
Unsere Kirche steht auf dem alten Gottesacker, auf dem bis in die 50er Jahre des 20. Jahrhunderts ungezählte Generationen von Bewohnern des Kirchspiels Siek ihre letzte Ruhe fanden. Kirchspiel ist ein alter Begriff für den Bezirk einer Pfarrgemeinde, die mehrere Ortschaften umfasst. Um 1250 wurde in Siek das erste Kirchlein erbaut und um 1300 wurde das Kirchdorf Siek zum Sitz des Kirchspiels, zu dem heute die Gemeinden Siek, Hoisdorf, Oetjendorf und Brunsbek mit den Ortsteilen Papendorf, Langelohe und Kronshorst gehören.

Gehen Sie bitte einmal rund um die Kirche, bevor Sie eintreten, und schauen Sie die Spuren von etwa 800 Jahren Baugeschichte.

Nach dem Brand der ersten Sieker Kirche in 1880 wurde 1883 auf deren Fundamenten und mit teilweiser Verwendung des alten Mauerwerkes die auf der nebenstehenden alten Postkarte abgebildete zweite Kirche im neu-gotischen Stil erbaut. Es war eine einschiffige Hallenkirche, die jedoch an der Längsseite die Giebel von drei Querschiffen zeigte.
1954 brach bei einem orkanartigen Sturm die Turm-spitze ab. Die Schäden waren so schwerwiegend, dass die weitere Nutzung der Kirche wegen Baufälligkeit der Gewölbe baupolizeilich untersagt wurde.
Bei Ihrem Rundgang sehen Sie von dieser zweiten Kirche noch den Eingang, den Turm, gemauerte Strebepfeiler sowie das Mauerwerk auf der Südseite aus Feldsteinen mit Zierbändern aus roten Ziegeln.
Auf der Ostseite der Kirche findet sich eine Gedenk-tafel , an den in der Nähe von Siek 1813 im Kampf mit russischen Kosaken gefallenen dänischen Oberst Bonnichsen. Bis 1866 wurde Schleswig-Holstein als deutsches Lehen vom dänischen Königshaus regiert.

Das erste Kirchlein in Siek wurde um 1250 aus Feldsteinen gebaut und, wie aus der Zeichnung von 1773 deutlich zu erkennen ist, mindestens zweimal erweitert. Sie steht auf außergewöhnlich festen Fundamenten, die auch allen Nachfolgebauten dienten. Ihre Mauern sind bis 1,40m dick. Im 30-jährigen Krieg wurde diese Kirche 1627 schwer beschädigt. Dabei gingen sämtliche schriftlichen Unterlagen verloren, so dass wir nicht einmal mehr den Namen ihres Schutzpatrons kennen.
1880 wurde der mit Schindeln gedeckte barocke Turmhelm vom Blitz getroffen und die Kirche brannte ab. Glücklicherweise konnten aus der brennenden Kirche die Tafeln des Altars und der bronzene Taufkessel gerettet werden.
Mehr über die Geschichte des Kirchspiels Sieks und seiner Kirchen mit ihren Kunstschätzen sowie den politischen Zuständigkeiten finden Sie in der Broschüre „Kleiner Führer zur Geschichte des Kirchspiels Siek und seiner Kirchen“, den Sie im Kirchenbüro oder im Stormarnschen Dorfmuseum zu Hoisdorf erwerben können.

Die bronzene Taufe aus der Mitte des 14. Jahrhunderts

Ein besonderes Schmuckstück der Friedenskirche ist der bronzene Taufkessel aus der Mitte des 14. Jahrhunderts. Er hat die Form eines gewaltigen Bechers und ermöglicht, den Täufling, i.d.R. ein Kind, ganz unterzutauchen, eine Sitte, die erst allmählich bis Anfang des 16. Jahrhunderts aufgegeben wurde.
Die Taufe steht auf 3 Füßen, die als Fabelwesen mit Tierfüßen, Schweif und Männerantlitz mit wallendem Bart ausgebildet sind. Die lateinische Inschrift in gotischen Minuskeln lautet: „Magister gherardus fecit me cunius anima et hinrici Ulmtles Requiescant in pace" . Auf deutsch: „Meister Gerhard hat mich gefertigt. Seine Seele und die des Heinrich Ulmtles möge in Frieden ruhen“. Aus der Marke und dem Lübecker Wappen im Spruchband lässt sich schließen, dass der Taufkessel von dem Lübecker Gießer Gerhard Cranemann gefertigt wurde.
Wir wissen nicht, wann dieser Taufkessel nach Siek kam. Es ist unwahrscheinlich, dass er sich schon 1627 in der Sieker Kirche befand, denn während des 30-jährigen Krieges bestand eine sehr große Nachfrage nach Bronze für den Guss von Kanonen. In unbefestigten Dörfern wie Siek überlebten in der Regel weder Glocken noch derartige Bronzetaufen den Krieg.
Vermutlich wurde der Taufkessel um 1655 als Gelegenheitskauf erworben, als seine damalige Kirchengemeinde ihn als altmodisch ausgemustert hat. Für dieses Jahr findet sich nämlich ein Hinweis über die Schenkung eines kupfernen Einsatzes für den Taufkessel, der die heute übliche Form der Taufe ermöglichte.

Der geschnitzte Altar vom Anfang des 17. Jahrhunderts

Die Herkunft des Altars ist nicht belegt, vermutlich kam der Altar ähnlich wie der Taufkessel als „Gelegenheitskauf“ nach Siek. Der Vergleich mit ähnlichen Altären zeigt, dass er um 1620 von dem bekannten Hamburger „Schnitker“ Hein Baxmann geschaffen wurde.
Nehmen Sie sich Zeit, die einzelnen Tafeln eingehend zu betrachten.
Die Tafel im Altar-Aufsatz zeigt das jüngste Gericht. Ein Teufel zieht einen sich Wehrenden an den Beinen nach rechts in den Höllenrachen. Die Verzweiflung der Verdammten ist drastisch dargestellt. Links, vom Betrachter aus gesehen, werden die Geretteten von Engeln in den Himmel geleitet.
Zu beiden Seiten der Kreuzigung steht immer einer Szene aus dem Alten einer aus dem Neuen Testament gegenüber. Dem Sündenfall steht die Verkündigung gegenüber, denn mit der Verkündigung der Geburt Christi wird auch die Erlösung des Menschen und damit die Überwindung des Sündenfalls durch den Opfertod des gekreuzigten Christus verkündigt. Der Vertreibung aus dem Paradies entspricht die Anbetung der Hirten, der Opferung des Isaak die Darstellung und Beschneidung von Jesus.
Vergleichen Sie einmal die Tafeln des Sündenfalls und der Vertreibung und sehen Sie wie Adam im Moment des Bisses in den Apfel gealtert ist.